Lexikon

Zeittafel


Themen







BADINTER, ELISABETH

französische Schriftstellerin und Philosophin, *1944 in Boulogne Billancourt
B. arbeitet heute als Professorin für Philosophie, ist Schriftstellerin und Leiterin eines Seminars für Geschichte und Psychologie der Familie an der Ecole Polytechnique in Paris. Bekannt wurde B. durch ihre Essays über das Thema Geschlechtsidentität: L’amour en plus. Histoire de l’amour maternel XVII–XX, L’Un est l’autre, Des relations entre hommes et femmes und XY. De l’identité masculine. Außerdem hat sie historische Biographien wichtiger Personen des 18. Jahrhunderts verfaßt, z.B. über Condorcet: un intellectuel en politique und Madame du Châtelet und Mme d’Epinay, in Emilie, Emilie: l’ambition féminine au XVIII.
Während sie in den biographischen Essays noch die Frage stellt „wer bin ich?“ hat sie sie in L’un est l’autre beantwortet. Ich bin Du untersucht die Hauptzüge der patriarchalen Gesellschaft. B. beschreibt die Entwicklung von einer ursprünglichen Gleichheit der Geschlechter zu Hierarchie und Ausschluß des Weiblichen. Ein Gleichgewicht will B. mit dem Begriff der Androgynität herstellen; hier als Ähnlichkeit und nicht als Identität definiert. Denn trotz Ähnlichkeit bestehen subtile Differenzen zwischen den Geschlechtern.

Werk: Die Mutterliebe, 1981; Les Goncourts, Romanciers et Historiens des Femmes, Vorwort in: La femme au XVIII siècle des Goncourt, 1982; Emilie, Emilie, 1984; Les Remontrances de Malesherbes (1771–1775), 1985; Ich bin Du, 1987; Die Frau im 18. Jahrhundert, 1986; Condorcet, un intellectuel en politique (mit R. Badinter), 1988; Correspondance inédite de Condorcet et de Mme de Suard (1771–1791), 1988; (Hg.in) Paroles d’hommes (1790–1793), 1989; XY. De l’identité masculine, 1992.

BÄUMER, GERTRUD

deutsche Theoretikerin und Politikerin, *1873 in Hohenlimburg, †1954 bei Bielefeld
B. arbeitete als Lehrerin und engagierte sich im Lehrerinnenverein Helene Langes (ADLV), durch den sie mit der Frauenbewegung in Berührung kam. Mit Lange verband sie ein enges Arbeits- und ‘Führungsverhältnis’, aus dem eine tiefe Freundschaft und langjährige Lebensgemeinschaft beider Frauen entstand. Parallel zu ihrem Engagement in der Frauenbewegung studierte B. Philosophie und Theologie bei Dilthey und Harnack.
Nach Abschaffung der Vereinsgesetze 1908 war sie zusammen mit Friedrich Naumann in der Parteipolitik aktiv. 1918 gründeten beide die DDP, die sie als Abgeordnete von 1919–1933 im Reichstag vertrat.
B.s geschriebenes Werk umfaßt Themen aus Tagespolitik, Religion, Geschichte, Volkswirtschaft und Philosophie. Gemeinsames Ziel ihrer Schriften sind pädagogische Menschenbildung und politische Emanzipation. Ziel ihres Emanzipationsinteresses war die Entwicklung eines neuen Frauentypus’.
Mit ihrer Rationalitäts- und Kulturkritik sucht B. Lösungen in der Rückwendung zu Natur, Instinkt und Volk. B. setzte auch große Erwartungen in die nationalsozialistische ‘Erneuerung Deutschlands’. Gerade für Frauen erhoffte sie von dem propagierten volks- und familienbezogenen Staat die Möglichkeit der politischen Mitarbeit.

Werk: Die soziale Idee in den Weltanschauungen des 19. Jahrhunderts, 1910; Die Frau und das geistige Leben, 1911; Die Frau in Volkswirtschaft und Staatsleben der Gegenwart, 1914; Fichte und sein Werk, 1921; Neuer Humanismus, 1930; Goethe/überzeitlich, 1932; Der neue Weg der deutschen Frau, 1946; (Hg.in) Die Frau. Monatsschrift für das gesamte Frauenleben unserer Zeit, 1/1892–52/1944

BARBAPICCOLA, GIUSEPPA ELEONORA

italienische Philosophin, *ca. 1702
Ihre genauen Lebensdaten sind nicht bekannt, man weiß nur, daß sie wahrscheinlich in Neapel lebte. B. war in ihrem philosophischen Denken beeinflußt von der Accademia Arcadia, einem Kreis von Intellektuellen und KünstlerInnen. Dort sollten Frauen und Männer gleichberechtigt arbeiten. In der Accademia wollte man eine Erneuerung des Wissens anstelle von verfestigten Lehrmeinungen erreichen.
Einen Namen machte sich B. mit der ersten Übersetzung der Principia philosophiae von Descartes ins Italienische. Als Vorwort hat B. einen zwanzigseitigen Brief der Übersetzerin an die LeserInnen vorangestellt. Darin ergreift sie Partei für das ‘philosophierende Frauenzimmer’. Sie beruft sich hier auf Descartes, der in einem Brief bemerkt hat, daß sich Frauen für das Studium seiner Philosophie besser eigneten als Männer.

Werk: I principi della filosofia di Renato Descartes. Tradotti dal Francese col confronto del Latino in cui l’Autore gli scrisse, 1722.


BARNES, HAZEL ESTELLA

amerikanische Philosophin, *15. Dezember 1916 in Wilkes-Barre (USA)
B. arbeitete als Professorin an verschiedenen amerikanischen Colleges und Universitäten in Europa. Von 1961–77 war sie Professorin für ‘integrated studies’, ab 1977 Professorin für Geisteswissenschaften an der University of Colorado.
B. verfaßte zahlreiche Arbeiten zum Existentialismus und eine englische Übersetzung von Sartres L’etre et le néant (1956) und Question de methode (1963). Ihr Thema ist die ethische Theorie. Sie entwickelt eine spezifische Ethik, die auf Sartres Existentialismus basiert. B.s Ziel ist es, die Verbindung der ethischen Grundlagen in Sartres Ansatz mit seinem Humanismus herzustellen.

Werk: The Literature of Possibility: A Study in Humanistic Existentialism, 1959; An Existentialist Ethic, 1967; The University as a New Church, 1970; Sartre, 1973; Sartre and Flaubert, 1981; Beauvoir and Sartre: The Forms of Farewell, in: Philosophy and Literature 19, 1985, S. 21-40.


BARTH, ELSE MARGARETE

norwegische Logikerin und Kulturphilosophin, *1928 in Bergen (Norwegen)
B. hat Mathematik, Physik, Psychologie, Philosophie und Logik studiert. Zwischen 1971 und 1977 hatte sie den Lehrstuhl für Logik in Utrecht inne. Von 1977 bis 1993 war B. Professorin für Logik und analytische Philosophie in Groningen. Sie ist Mitglied der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften und der Norwegischen Akademie der Wissenschaften, außerdem Vorsitzende der E.W. Beth-Stiftung.
Philosophie der Logik, Dialoglogik und Argumentationstheorie, logische Grundlagen philosophischer Systeme sowie analytische feministische Philosophie sind B.s Themen. Sie bekämpft den strikten Rationalismus, der von einer einzigen logischen Doktrin ausgeht. B. praktiziert die feministische Patriarchatsanalyse, d.h. die Forschung nach den sexistischen Wurzeln von Philosophie und Wissenschaft. Dabei ist die Leitfrage nicht: Wie ist die Frau/das Weibliche? sondern Wie wird in einem patriarchalen System den Frauen Macht vorenthalten? Wie wird Diskriminierung von Frauen legitimiert? und Welche Strategien können dagegen eingesetzt werden?

Werk: The Logical Paradigm in Dialectical Philosophy and Science-Constants of Homeological Thought, in: Erkenntnis, 1977, S. 291-322; From Axiom to Dialogue. A Philosophical Study of Logics and Argumentation (mit E.C.W. Krabbe), 1982; Problems, Functions and Semantic Roles. A Pragmatists’ Analysis of Montague’s Theory of ‘Sentence Meaning’ (mit R.T.P. Wiche), 1986; Women Philosophers. A Bibliography of Books through 1990, 1992.


BASSI VERATI, LAURA MARIA CATERINA

italienische Philosophin, *1711, †1778
B. galt als Wunderkind; schon früh befaßte sie sich mit Logik, Metaphysik und Naturphilosophie. 1755 gründete sie eine Schule für Experimentalphysik. 1776 wurde ihr der Lehrstuhl für Experimentalphysik übertragen.
Ihr philosophisch wichtigstes Werk sind die Philosophica studia. Sie enthalten 49 Thesen: davon 6 zur Logik, 16 zur Metaphysik (Sein/Ursachen/Gott/Engel), 18 zur Physik (Materie/Bewegung/Naturerscheinungen auf der Erde), 9 zum Menschen. Inhaltlich sind diese Thesen von Aristoteles beeinflußt, knüpfen aber auch an Descartes an.

Werk: Philosophica studia (49 Thesen), 1732; De problemate quodam hydrometrico und De problemate quodam mechanico, in: De Bononiensi scientarum et artium Instituto atque Academia Commentarii, IV, 1757, S. 61-79; F.M. Zanotti: De aeris compressione, in: ibid, II, 1745, S. 347-353; Epistolario di Laura Bassi Verati, edizione critica, introduzione e note a cura di Elio Melli, in: I cento anni dell’Istituto magistrale; Laura Bassi, in: Studi e inediti per il primo centenario dell’Istituto magistrale L.B., 1960, S. 53-187

Bazan, Emilia de Pardo - Pardo Bazan, Emilia de

BEATRIJS VON NAZARETH

niederländische Mystikerin, *um 1200 in Tienen bei Löwen, †1268
B. war Begine und lebte später im Kloster. Hier hatte sie 1225 eine mystische Christuserfahrung. Diese und ihre weiteren Visionen hat sie in der Schrift Seven Manieren van Minne verarbeitet. Beschrieben wird darin der Aufstieg der gläubigen Seele zu Gott. Er führt in 7 Stufen schließlich zur Vereinigung mit ihm. Mit diesem Text steht B. am Beginn der mittelniederländischen Literatur. Als erste benutzt sie die Volkssprache für ein religiös-literarisches Werk.

Werk: Seven Manieren van Minne, 1927; Vom göttlichen Reichtum der Seele, hg.v. J.O. Plassmann, 1951 (enthält dt. Übers).

BEAUVOIR, SIMONE DE

*9. Januar 1908 in Paris, †14.April 1986 in Paris
französische Schriftstellerin und Philosophin; Vertreterin des Existentialismus und der feministischen Philosophie. Populäre literarische Titel B.s sind vor allem die Memoiren und Die Mandarins von Paris, wofür sie den Prix Goncourt erhielt. Bekanntester philosophischer Text ist das Essay Das andere Geschlecht, der Entwurf einer existentialistischen Ethik, Grundlagenwerk der feministischen Philosophie.
B.s Ausgangspunkt sind zwei zentrale Fragestellungen: Was ist eine Frau? und Warum ist die Frau die Andere? Sie beschreibt die Randposition der Frau in der Gesellschaft, ihren Ausschluß aus dem allgemeinen Menschsein. Dabei liefert sie eine umfassende Studie ihrer physiologischen, psychologischen und ökonomischen Realität sowie der gesellschaftlichen und privaten Unterdrückungsmechanismen.

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Werk: Die Mandarins von Paris, 1955; Das andere Geschlecht, 1968; Memoiren einer Tochter aus gutem Hause, 1968; In den besten Jahren, 1969; Der Lauf der Dinge, 1970; Das Alter, 1972; Alles in Allem, 1976; Soll man de Sade verbrennen? 1983; Die Zeremonie des Abschieds, 1986; Auge um Auge, 1987.

BEECHER, CATHERINE ESTHER

amerikanische Philosophin und Frauenrechtlerin, *6. September 1800 auf Long Island, †12. Mai 1878 in Elmira (New York)
B. gründete zusammen mit ihrer Schwester, Harriet Beecher Stowe, eine Schule. Gemeinsam verfaßten sie das Buch The American Woman’s Home, das die Dienstbotenfrage untersucht.
1832 eröffnete B. ein Frauenseminar in Connecticut. Ihr Ziel war es, den Frauen körperliche, soziale, intellektuelle und moralische Bildung zu vermitteln. 1847 gründete sie zusammen mit William Stach The National Board of Popular Education und 1852 die American Women’s Educational Association. Darin bildete sie junge engagierte Lehrerinnen aus. Sie organisierte Gemeinschaften für Lehrerinnen, außerdem gründete sie das Quincy College in Illinois sowie das Milwaukee Female Institute in Wisconsin.
Ihre philosophischen Arbeiten basieren auf religiösen und speziellen ethischen Theorien. Sie verbindet Einflüsse der schottischen Common Sense Philosophie mit den puritanischen Tugenden Selbstverleugnung und Opferbereitschaft. Diese Tugenden sind für sie nicht nur weiblich, sondern sollten für beide Geschlechter zur Zielsetzung werden.

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Werk: The Elements of Mental and Moral Philosophy, Founded upon Experience, Reason, and the Bible, 1831; Letters on the Difficulties of Religion, 1836; The Duty of American Women to their Country, 1845; An Address to the Protestant Clergy of the United States, 1846; The Evils Suffered by American Women and American Children, 1846; The True Remedy for the Wrongs of Women, 1851; Common Sense Applied to Religion, or the Bible and the People, 1857; An Appeal to the People on Behalf of their Rights as Authorized Interpreters of the Bible, 1860; The American Woman’s Home, or Principles of Domestic Science, (mit H. Beecher Stowe) 1869; Woman’s Profession as Mother and Educator with Views in Opposition to Woman Suffrage, 1872.

Bendemann, Margarete von - Susman, Margarete

BENDER, HEDWIG

Philosophin, Schriftstellerin und Frauenrechtlerin, *22. Februar 1854 in Luxemburg, †um 1918
B. beteiligte sich an der Frauenbewegung als aktive Kämpferin für die Selbstverwirklichung der Frau. Sie engagierte sich im Allgemeinen Deutschen Frauenverein und im Allgemeinen Deutschen Lehrerinnen-Verein. Ihr Standort zur Frauenfrage war konservativ. Ihre Forderungen beschränkten sich auf drei Punkte: 1. einer Frau steht eine würdige und gerechte gesetzliche Stellung, 2. eine ihrem Stand entsprechende allgemeine Bildung und 3. zahlreiche Gelegenheiten zur Ausbildung für alle möglichen Berufe zu.
B.s philosophisches Thema war die Metaphysik, die sie in verschiedenen Texten untersuchte.

Werk: Zur Lösung des metaphysischen Problems, 1886; Die Frauenbewegung in Deutschland, 1891; Frauenwünsche und Frauenbestrebungen, 1891; Über das Wesen der Sittlichkeit und den natürlichen Entwicklungsprozeß des sittlichen Gedankens, 1891; Philosophie, Metaphysik und Einzelforschung, 1897.

BENHABIB, SEYLA

türkisch/amerikanische Feministin und Philosophin, *9. September 1950 in Istanbul
Sie arbeitete als ‘Visiting Professor’ an verschiedenen europäischen und amerikanischen Universitäten und als ‘Professor of Political Science and Philosophy’ an der Graduate Faculty, New School for Social Research. Zur Zeit ist sie Professor of Government am Department of Government der Harvard University und Mitherausgeberin der Zeitschrift Praxis International.
B.s Forschungsgebiet ist die soziale und politische Philosophie des 19. und 20. Jahrhunderts in Europa. Schwerpunktmäßig bearbeitet sie den deutschen Idealismus, die feministische Theorie und die Geschichte der modernen politischen Theorie.
In ihren feministischen Texten befaßt sie sich häufig mit dem Subjekt, dem  die postmoderne Philosophie besondere Aufmerksamkeit schenkt.

Werk: Kritik, Norm und Utopie, 1992; Feminism as Critique. Essays on the Politics of Gender in Late-Capitalist Societies (mit D. Cornell), 1987; Situating the Self. Gender, Community and Postmodernism in Contemporary Ethics, 1992; Selbst und Kontext, 1992; The Reluctant Modernism of Hannah Arendt, Sage Publications, 1993; Der Streit um Differenz, 1993.


BERENIKE

römische Philosophin, *28 n.u.Z.
B. war eine jüdische Prinzessin, die Tochter des Agrippa I. von Judäa und die Schwester von Agrippa II. Photius erwähnt B. in seiner Bibliotheca als Philosophin.

BESANT, ANNIE

englische Theosophin und politische Aktivistin, *1847 in London, †1933 in Adyar, Madras (jetzt Tamil Nadu, Indien)
B. bekannte sich zum freigeistlichen Denken. Sie war Mitherausgeberin des National Reformer, 1874 wurde sie zur Vizepräsidentin der National Secular Society gewählt. Im selben Jahr erschien ihr Buch The Gospel of Atheism. Später wurde sie zu einer aktiven sozialistischen Kämpferin. 1885 schloß sie sich der Fabian Party an; durch den Einfluß von Helena Blavatska wurde B. zur Theosophie bekehrt. 1907 wurde sie Präsidentin der Theosophical Society. Die Lehren dieser Gesellschaft stammen aus der esoterischen Ost-West-Philosophie und übernatürlichen Meistern der Weisheit. Sie betonen den Dienst an der Menschheit im Rahmen eines spirituellen Evolutionismus. B. verfaßte zahlreiche Bücher und Artikel über ihr theosophisches Gedankengut. Sie gelten auch heute noch als die besten Darstellungen der theosophischen Lehre.
In Indien engagierte sich B. politisch, gründete das Hindu College in Benares und übersetzte die Bhavagad Gita. Sie wurde Herausgeberin der Zeitung New India in Madras. Darüberhinaus gründete und leitete sie die Home Rule India League (1916). 1917 wurde B. zur Präsidentin des Indian National Congress gewählt, sie übte dieses Amt bis 1923 aus.

Werk: An Autobiography, 1893; Die Aufgabe der theosophischen Gesellschaft, 1909; Die Aufgabe der Politik im Leben der Völker, 1909; Das Geheimnis der Entwicklung, 1909; Die Hüter der Menschheit, 1909; Hâtha-Yoga und Râja-Yoga oder geistige Entwicklung nach altindischer Methode, 1909; Die Gesetze des höheren Lebens, 1909.

BIRGITTA VON SCHWEDEN

skandinavische Mystikerin, *1302 bei Stockholm, †1373
B. war Hofmeisterin am schwedischen Königshof, wo sie gegen die unmoralischen Zustände protestierte. Auch in politische Diskussionen mischte sie sich ein, als sie den König vor dem Eroberungskrieg gegen Rußland warnte. Papst Clemens VI., der sich damals in Avignon aufhielt, hat sie in einem Brief aufgefordert nach Rom zurückzukehren.
Als Witwe ging B. ins Zisterzienserkloster Alvastra, wo sie ihre wichtigsten Visionen hatte. In einer wurde sie von Maria beauftragt, einen neuen Orden zu gründen; so entstand das Erlöserkloster. Neu war dort, daß Männer- und Frauenkloster unter der Führung einer Äbtissin lebten.
In ihren Schriften betont B. die intellektuelle Funktion Marias. Sie ist ein göttliches Wesen, das schon vor der Schöpfung existierte. In sich vereinigt sie die vier Urelemente, aus denen die Schöpfung hervorgehen sollte. Damit übersteigt B. das Frauenbild des Mittelalters und besonders das Frauenbild der damaligen kirchlichen Tradition.

Werk: Leben und Offenbarungen der heiligen Birgitta, hg.v. L. Clarus, 1888ff; Revelationes Extravagantes, hg.v. L. Hollman, 1956; Revelationes S. Birgittae, hg.v. E. Wess. Corpus Codicum Suecicorum Medii Aevi, Auspicis Regis Sueciae Gustavi Adolphi, Vol. XIII, 1952; Die Offenbarungen der heiligen Birgitta, hg.v. Sven Stolpe, 1961; Offenbarungen an die Heilige Birgitta von Schweden, hg.v. E. Schmöger, 1982.

BITALE

griechische Pythagoreerin, um 480 v.u.Z.
Tochter der Damo und die Enkelin der Theano von Kroton und des Pythagoras. Nach der Überlieferung übergab Damo die Aufzeichnungen des Pythagoras ihrer Tochter B. Die besagten Aufzeichnungen wurden an die Tochter und anschließend an die Enkelin weitergereicht, also in der weiblichen Linie vererbt, obwohl Pythagoras auch zwei Söhne hatte.

Blackwell, Antoinette Louisa Brown - Brown Blackwell, Antoinette Louisa

BLAVATSKA, HELENA PETROVNA

russische Theosophin, *1831 in Jekaterinoslav (jetzt Dnepropetrovst, Ukraine), †1891 in London
B. war die Tochter der Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Helena Hahn. Schon als Kind war sie außergewöhnlich begabt. Auf verschiedenen Reisen entwickelte sie eine Neigung zum Spiritualismus und Okkultismus. 1871 gründete sie in Kairo die Societe Spirituelle und verbreitete ihre theosophischen Lehren in Amerika und Europa. Sie veröffentlichte einige Artikel in der New York Tribune, der Sun und der Times. 1875 gründete sie mit H.L. Olcott die Theosophic Society. Die Theosophie versucht eine menschliche Gemeinschaft aller Rassen, Religionen und Geschlechter herzustellen. Die Gesellschaft verstand sich als eine Fortsetzung alter okkultistischer Traditionen, des Pythagoreismus, Platonismus, der Mystik und insbesondere des Hinduismus und des Buddhismus. Ihr Ziel war es, ein pantheistisches philosophisch-religiöses System zu entwickeln und zu erhalten.

Werk: Die Geheimlehre, 1975; The Voice of Silence, 1889; The Key to Theosophy, 1889; Grundlehren der esoterischen Philosophie, hg.v. I.H. Hoskins, 1981; Rätselhafte Volksstämme, 1982; Unheimliche Geschichten, 1986.

BRAUN, LILY

deutsche Schriftstellerin und Politikerin, *2. Juli 1865 in Halberstadt, †8. August 1916
B. war Aktivistin im radikalen Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung. Mit Minna Cauer gründete sie 1884 die Zeitschrift Die Frauenbewegung; später Mitherausgeberschaft der SPD-Frauenzeitung Die Gleichheit. Im SPD-Richungsstreit um das Erfurter Programm gehörte B. zu den RevisionistInnen; eine Haltung, die bald geächtet wurde.
B.s Thema waren die Arbeiterinnen. 1901 publizierte sie den ersten Teil ihrer auf zwei Bände angelegten Studie Die Frauenfrage. Ihre Erfahrungen in der deutschen Sozialdemokratie inspirierten B. zu ihrem wohl bekanntesten Werk, den Memoiren einer Sozialistin.

Werk: Die Frauenfrage, ihre geschichtliche Entwicklung und ihre wirtschaftliche Seite, 1901/1979; Memoiren einer Sozialistin, 2 Bde., 1908+1911/1985; Gesammelte Werke in 5 Bänden, hg.v. J. Braun, 1923; Selected Writings on Feminism and Socialism, hg.v. A.G. Meyer, 1987.

BREITLING, GISELA

deutsche Malerin, Kunsttheoretikerin und Essayistin, *1939 in Berlin
B. hatte seit 1965 zahlreiche Gruppen- und Einzelausstellungen in Deutschland und im Ausland. Sie ist eine der bedeutendsten Theoretikerinnen zu Fragen der künstlerischen Identität, der männlichen Ästhetik und des Geschlechterverhältnisses. B. problematisiert damit auch ihre Lebenssituation, nämlich im patriarchalen System Frau und Künstlerin zu sein. Denn Genius, Kunst, Qualität und Ästhetik überhaupt sind nicht geschlechtsneutral, sondern von Männlichkeit geprägt. Kultur versteht B. als Männerbund, in dem sich die Männlichkeit aus der ‘Minderwertigkeit des Weiblichen’ konstituiert. Ausgehend von ihren Kenntnissen und Erfahrungen als Malerin stellt sie fest: „der Mensch kann gar nichts anderes als sich selbst entwerfen“. Deshalb müssen Frauen ihr eigenes weibliches Verständnis von Kunst entwickeln.

Werk: Die Spuren des Schiffs in den Wellen. Eine autobiographische Suche nach den Frauen in der Kunstgeschichte, 1980/1986; Der verborgene Eros. Weiblichkeit und Männlichkeit im Zerrspiegel der Künste, 1991; Zur Rede gestellt und zur Sprache gebracht, hg.v. E. Quistorp, 1992.

BROWN BLACKWELL, ANTOINETTE LOUISA

amerikanische Metaphysikerin und Theologin, *1825 in Henrietta (New York), †1921 in New York
B. war eigentlich ausgebildete Theologin, aber das Lizenziat wurde ihr als Frau verweigert. 1852 wurde sie ‘first woman minister’ der Orthodox Congregationalist Church. Daneben war sie Aktivistin der Frauen-, Temperance- und Anti-Sklaverei-Bewegung. B. unterstützte den Kampf für Redefreiheit, The Married Women’s Property Act, das Frauenwahlrecht und das Recht auf bezahlte Arbeit. Als gemäßigte Frauenrechtlerin war sie aber gegen Scheidung, Kleiderreform und die Trennung von Feminismus und Religion.
Ihr philosophisches Denken bleibt dem Glauben und der dualistischen, aristotelisch-scholastischen Tradition verhaftet. Metaphysik steht im Zentrum ihres Philosophierens. Ihre Theorie der Geschlechter hebt auf die Differenz ab. Mann und Frau sind für B. zwar gleichartig, aber trotzdem unterschiedlich. Jede entwickelte männliche Eigenschaft korrespondiert mit einer ebensolchen weiblichen.

Werk: Shadows of our Social System, 1855; Studies in General Science, 1869; The Sexes throughout Nature, 1875/1985; The Physical Basis of Immortality, 1876; Philosophy of Individuality. Or, the One and the Many, 1893; The Social Side of Mind and Action, 1915; The Making of the Universe, 1914.



BUCCA, DOROTHEA

italienische Medizinerin und Philosophin, *ca. 1360 wahrscheinlich in Bologna, †1436 in Bologna
B. studierte praktische Medizin und Moralphilosophie an der Universität Bologna und schloß als Laureata ab. Nach dem Tod ihres Vaters wurde B. zur Professorin an der Universität Bologna ernannt und unterrichtete ab 1390 in seiner Nachfolge die Fächer Medizin und Moralphilosophie. Durch ihre Gelehrtheit und Eloquenz brachte sie zahlreiche Studenten aus ganz Europa an die Universität. Sie lehrte 40 Jahre in Bologna und starb dort 1436.

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