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Feministische Philosophie

Vernunftkritik

Ansatzpunkt der feministischen Vernunftkritik ist der herrschende Vernunftbegriff. Seine Wurzeln liegen in der Aufklärung. Vernunft wird hier mit Rationalität gleichgesetzt  und das Gegensatzpaar rational – irrational aufgestellt. Was nicht der Definition von Rationalität oder Vernunft entspricht, wird als unvernünftig und irrational ausgegrenzt. Dadurch erhebt dieser klassische Vernunftbegriff den Anspruch auf Allgemeingültigkeit.
Die feministische Philosophie hat in ihren Analysen der traditionellen Denker schnell festgestellt, dass dieser Begriff, Vernunft = Rationalität, allein auf den Mann zugeschnitten ist. Die Frau kann und darf nicht in das Modell der rationalen Vernunft passen. Deshalb werden ihr Attribute zugeschrieben, die aus der Definition der männlichen Vernunft ausgeschlossen sind. Sie gilt als die Andere, als unvernünftig und irrational. (Vgl. Genevieve Lloyd)
Vorherrschend in der philosophischen Einschätzung des weiblichen Geschlechts war und ist es, ihm den Verstand abzusprechen. Als Ausgleich dafür werden die Frauen häufig mit der Natur gleichgesetzt. Diese grundlegende Verknüpfung der Frau mit Natur führt dazu, sie aus allen gesellschaftlich relevanten Bereichen fernzuhalten. Frauen werden auf physische Elementarprozesse reduziert, und sie können sich nicht als Subjekte etablieren. Durch diese Haltung wird die Frau auf den Status des Objekts und Pendants für den Mann beschränkt. Der Frau wird grundsätzlich die Rolle der Gefährtin des Mannes zugewiesen. Da sie im Zusammenspiel der Geschlechter immer als Schwächere gilt, kann sie das männlich geprägte Menschsein nie erreichen.

Wissenschaftskritik

Eine theoretische Umsetzung der Vernunftkritik findet in der feministischen Wissenschaftskritik statt. Dabei zeigt sich, daß der patriarchale Begriff der Vernunft nicht nur im philosophischen Kontext relevant ist. Über die Einzelwissenschaften erhält er gesellschaftliche Bedeutung.
Feministinnen wie Hilary Rose, Jane Flax, Nancy Hartsock und Dorothy Smith haben die männlichen Muster und deren Gleichsetzung mit dem Attribut menschlich innerhalb der westlichen Wissenschaftstheorie und Metaphysik aufgezeigt. Charakteristisch dafür ist die Spaltung in Dichotomien wie Geist/ Körper, Verstand/Gefühl, öffentlich/privat oder männlich/weiblich, wobei der erste den zweiten Begriff dominiert. Diese Dualismen gelten als unsichtbare Ordnungsprinzipien, die in der geistigen Struktur, auch von Naturwissenschaften und Technik verankert sind.
Die patriarchale Wissenschaft rechtfertigt die Aufstellung dieser Gegensatzpaare mit ihrer Bedeutung für die Konstitution des menschlichen Lebens. Sie würden bewirken, daß das Leben nicht irrationalen Mächten ausgeliefert werden kann. Die feministische Kritik wirft nun den patriarchalen Wissenschaften vor, durch diese Hierarchie bewußt das Weibliche abzuwerten. Die Fixierung auf Gegensatzpaare mache die Gleichstellung von männlich und weiblich ebenso unmöglich, wie die von rational und irrational. Innerhalb der Naturwissenschaften entsteht so der Zwang, sich zwischen einem der beiden Pole zu entscheiden: entweder Objektivität oder deren Relativierung in der Subjektivität, entweder Allgemeines oder Individuelles, entweder Wissenschaft oder das Naturerleben.
Ihre Kritik der patriarchalen Wissenschaften beginnt die feministische Philosophie bei der Feststellung, dass die Problemstellungen, Begriffe, Theorien und Methoden der bestehenden Wissenschaften zwar als allgemein-menschlich gelten, diesen Anspruch jedoch nicht einlösen können. Vielmehr stehen auch sie im Kontext ihrer Entstehungsbedingungen, die mit der Klasse, dem sozialen Geschlecht und der Kultur verbunden sind. Auf dieser Grundlage zeigt die feministische Kritik, dass die Erkenntnisse und Interpretationen der Wissenschaften keine objektive Welt wiedergeben, sondern auf den gesellschaftlichen Kontext der ForscherInnen reflektieren.
Es ist das Ziel der feministischen Philosophie die Frauen und die weiblichen Standpunkte in den wissenschaftlichen Zusammenhang zu integrieren. Allerdings ist dieser Prozeß problematisch, da die Frauen ihr Wissen nicht einfach den bestehenden Wissenschaften hinzufügen können, solange diese nicht in der Lage sind, die Verschiedenheit des Weiblichen aufzunehmen. Es fehlt eine Symbolik, die auf die Geschlechtlichkeit des Subjekts eingeht, sowie spezielle Vermittlungsformen, die der weiblichen Erfahrung entsprechen und durch welche die Frau am wissenschaftlichen Arbeiten teilhaben kann.

Geschlechterdifferenz

Das Thema der Geschlechterdifferenz steht im Zentrum der feministischen Philosophie und Theoriebildung der achtziger Jahre. Im Vordergrund der Theorie der Geschlechterdifferenz steht die Analyse der Beziehungen zwischen Frauen und Männern. Damit beschränkt sich der Gegenstand der feministischen Theorie auch nicht mehr auf die Untersuchung der Situation von Frauen und deren Unterdrückung. Die Philosophie befaßt sich nun auch mit gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und philosophischen Themen im Kontext der Geschlechterdifferenz.
Wie in allen Bereichen der feministischen Philosophie gibt es auch innerhalb der Theorie der Geschlechterdifferenz verschiedene Konzepte, die sich außerdem mit den Themen der Vernunft- und Patriarchatskritik überschneiden. Eng verbunden ist die Diskussion der Geschlechterdifferenz mit der feministischen Ethik, da die Entwicklung weiblicher Werte auf dieser Grundlage fußt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, daß sich die feministische Idee der Geschlechterdifferenz grundlegend vom patriarchalen Begriff der Differenz unterscheidet. Während sie im Patriarchat mit Ungleichheit, Gegensatz oder Dualismus identifiziert wird, ist die Differenz im feministischen Sinn unhierarchisch strukturiert. Sie ist unideologisch, bezieht keine Wertungen ein und gefährdet die Autonomie der beiden Teile, zwischen denen sie besteht, nicht.
Im Rahmen der patriarchalen Philosophie wurde und wird die Geschlechterdifferenz als Thema nicht problematisiert. Vielmehr wurde vor allem im Bereich der philosophisch-kulturellen Wissenschaften ein Unterschied zwischen Frau und Mann immer geleugnet. Jedenfalls antwortet man auf die feministische Frage nach dem weiblichen Anteil an Gesellschaft, Wissenschaft oder Sprache meist, die Frau sei doch mitgemeint (z.B. auch unter der männlichen Anrede). Aber eigentlich ist der Geschlechtsunterschied im philosophischen Diskurs nicht ungedacht geblieben, von einer wirklichen Gleichheit wurde nie ausgegangen. Trotz der oberflächlich propagierten Gleichheit der weiblichen und männlichen Subjekte macht die Philosophie sehr wohl Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die sie auch subtil umsetzt. Was die feministische Philosophie in ihren Analysen deutlich macht.

Ethik

Die feministische Ethik ist geprägt von zwei Richtungen: die eine befaßt sich mit der Kritik der traditionellen Ethik und die andere entwickelt alternative Ansätze, die die Belange der Frauen betreffen. Die feministische Ethik kritisiert, daß die traditionelle Ethik nicht mit der moralischen Erfahrung der Frauen vereinbar sei. Ihre Theorien vom freien und unabhängigen Subjekt entsprechen nicht der Lebenssituation der meisten Frauen. Deshalb etabliert sie die Frauen, ebenso wie Männer, als eigene moralische Instanz.
Inzwischen reicht die Palette der feministischen Moralkonzepte von der Rehabilitierung weiblicher Tugenden bis zur Entwicklung neuer Moraltheorien auf der Grundlage des Feminismus. Gemeinsamer Anspruch aller Moraltheorien ist es, die männlichen Vorurteile der herkömmlichen Ethikentwürfe zu überwinden. Ziel ist es, der weiblichen Erfahrung gleiches Gewicht wie der männlichen zu geben.
Insgesamt versteht sich die feministische Ethik als neuer Denkansatz. Sie ist nicht Teil einer allgemeinen Ethik, der die Frauenecke ausfüllt und deshalb auch nicht mit den modernen Disziplinen Umwelt-, Medizin oder Wirtschaftsethik zu vergleichen.

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