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KANTHACK, KATHARINA
deutsche Philosophin, *1901, †1986

K. wurde am 7. November 1901 in Berlin unter dem Namen Katharina Heufelder geboren. Sie war die Tochter eines Berliner Bankiers, studierte ab 1921 zunächst Germanistik und Kunstgeschichte, später Philosophie und Anglistik an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin; 1928 Promotion ebd. bei M. Dessoir mit einer architekturtheoretischen Arbeit; Habilitation 1950 an der FU Berlin, ab 1952 ebd. apl. Prof. für ‘reine Philosophie’ bis 1967; hielt noch von 1976 bis 1984 Vorlesungen an der Philipps-Universität in Marburg. K. starb am 26. Februar 1986 in Marburg.

K. ist vornehmlich als Heidegger-’Schülerin’ bekannt geworden. Ihre wichtigsten Publikationen ab 1958, wie auch ihre Marburger Vorlesungen stehen auf dem Hintergrund von Heideggers Denken. Aber in der Auseinandersetzung mit Heidegger sieht K. auch die Möglichkeit gegeben, der Metaphysik zu entkommen und eine Philosophie ethischen Werts zu entwerfen (Das Denken Martin Heideggers und Vom Sinn der Selbsterkenntnis). So weist K.s Denken vor allem zwei Schwerpunkte auf: Metaphysikkritik und die Kritik der Erkenntnistheorie.
Mit Leibniz. Ein Genius der Deutschen unternimmt K. eine systematische Darstellung und Einordnung der Monadologie in das Denken der Neuzeit. Dabei stellt sie seine Philosophie in enge Verbindung mit seiner Vita. In Die psychische Kausalität und ihre Bedeutung für das Leibnizsche System weist K. die grundlegende Bedeutung des teleologisch organisierten, nicht-mechanischen ‘innerseelischen Geschehens’ für die Leibnizsche Monadologie und das damit verbundene Leib/Seele-Problem nach.
Mit Max Scheler. Zur Krisis der Ehrfurcht unternimmt K. eine systematische Darstellung und Diskussion des Schelerschen Denkens und gleichzeitig eine kulturkritische Suche nach geistiger Orientierung im Nachkriegs-Deutschland.
Ihre Kritik gilt auch der Erkenntnistheorie, deren metaphysische Implikationen K. in Nicolai Hartmann und das Ende der Ontologie analysiert.

Werk: Der architektonische Raum, 1928; Zur Lehre vom überindividuellen Bewußtsein, 1931; Die psychische Kausalität und ihre Bedeutung für das Leibnizsche System, 1939;  Idee und Form im Werke Knut Hamsuns, in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft III, 1939; Zum Wesen des Romans, in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft, 1940; Die Söhne Pans, 1941; Leibniz. Ein Genius der Deutschen, 1946; Max Scheler. Zur Krisis der Ehrfurcht, 1948; Über den Mut. Gedanken und Gestalten, 1948; Buch der Entgleisung, 1948; Gaston Remis, 1949; Toleranz als Erziehungsproblem, in: Pädagogische Blätter 4, 1953; Erkenntnis als Formung bei Leibniz und Kant, in: Kant-Studien 45, 1953/54; Vom Sinn der Selbsterkenntnis, 1958; Das Denken Martin Heideggers, 1959; Nicolai Hartmann und das Ende der Ontologie, 1962; Angst und Politik im Lichte des Existenzdenkens, in: Politische Psychologie, 1966; Das Wesen der Dialektik im Lichte Martin Heideggers, in: Studium Generale 21, 1968.


KATHARINA VON ALEXANDRIEN

ägyptische Philosophin und Märtyrerin, *ca. 287, †305 n.u.Z.
Über K. gibt es wenig historisches Wissen. Es ist überliefert, daß sie unter dem römischen Imperator Maxentius in Ägypten lebte und von ihm beauftragt wurde, mit fünf heidnischen Philosophen einen Disput zu führen, um sie von den Argumenten der christlichen Religion zu überzeugen. Überliefert ist auch, daß sie dieser Aufgabe gerecht wurde.
Als K. den Imperator zum Christentum bekehren wollte, wurde sie zum Tod verurteilt und sollte zwischen zwei eisernen Rädern zerquetscht werden. Sie überlebte diese Tortur, da die Räder auf mysteriöse Weise zerbrachen. Daraufhin wurde sie enthauptet, K. war damals 18 Jahre alt. Ihre Leiche wurde auf dem Berg Sinai bestattet und ihr Martyrium gab im 10. Jahrhundert den Anstoß für verschiedene Kulte und den Bau einer Kapelle, die ihren Namen trägt. K. wurde auch porträtiert, sie hält ein Buch, Symbol für das Wissen, eine Krone, für ihre königliche Abstammung und ein Rad als Zeichen für ihr Martyrium.


Katharina von Siena
1970, 610 Jahre nach ihrem Tod, wurde Katharina von Siena als erster Frau der Titel
Doktorin der Kirche verliehen. Es war ihre bemerkenswerte Ausstrahlung, die Katharina populär machte. Sie beeinflusste Päpste und andere Machthaber und bekämpfte die damals drohende Kirchenspaltung. Durch ihr Charisma und Visionen scharte sie Schüler und Schülerinnen um sich, die von ihren Lehren begeistert waren.
Katharinas Vermächtnis,
Der Dialog, ist eine Sammlung von Zwiegesprächen zwischen der Seele und Gott. Hier erfährt der Mensch den Zusammenhang von Wahrheit und Liebe. Und er soll auf den Weg zu seiner wahren Bestimmung, der Liebe, geführt werden. Katharina hat in diese Zwiegespräche ihre ganz eigenen Interessen an der Kirche einfließen lassen. So bittet die Seele Gott um Erneuerung der Kirche, was sie durch Zurechtweisungen und Kritik am Klerus untermauert.
Kirchenkritik ist aber nur ein Teil von Katharinas Werk. Ein weiterer Aspekt zeigt sich in ihrer Vorstellung von einem wahrhaft christlichen Leben. Und das liegt vor allem in der Vernunft. Nur Menschen, die ihren Körper mäßigen, können verhindern, dass ihre Sinnlichkeit ihre Vernunft regiert.

Auszug aus dem Philosophinnen-Lexikon
italienische Theologin, *25. März 1347, †29. April 1380 K. beeindruckte bereits zu Lebzeiten durch ihre asketische Strenge. Nahrung und wurden Schlaf wurden von ihr auf ein Minimum reduziert und sie widmete sich der Pflege Kranker, auch bei einer Pestepidemie. K. erlebte mehrere Visionen, während einer empfing sie die Stigmata. Sie war eine berühmte Persönlichkeit und trat auch in politischen Konflikten als Vermittlerin auf. 1375 erreichte sie, daß die Städte Pisa und Lucca gegenüber dem Papst in Rom Loyalität bewahrten, und auch der Frieden zwischen Florenz und Gregor XI., 1378, wird auf ihren Einfluß zurückgeführt. Hauptziel ihrer politischen Aktivität war die Rückkehr des Papstes 1376 von Avignon nach Rom.1461 wurde K. heiliggesprochen, 1866 zur Mitpatronin Roms und 1940 zur Patronin von ganz Italien erklärt. Papst Paul VI. verlieh ihr 1970 den Titel einer Doktorin der Kirche.
In ihrem Hauptwerk, Der Dialog, oder Buch göttlicher Lehre, (gemeint ist der Dialog zwischen der Seele und Gott), legt sie ihre Interpretation vom wahren christlichen Leben dar. Es basiert auf den christlichen Tugenden und führt bis zur völligen Negierung des eigenen Willens zugunsten Christi.

Werk:
Briefe der heiligen Katharina von Siena, 1931; Politische Briefe, 1944; Gespräch von Gottes Vorsehung, 1964; Werke, hg.v. L. Gnädiger, 1980; Obras de Santa Catalina de Siena: El Diálogo – Oraciones y Soliloquios, 1980; Ausgewählte Texte aus den Schriften einer großen Heiligen, 1981; Obras de Santa Catalina de Siena – Espiritu y Doctrina, 1982; Engagiert aus dem Glauben: Politische Briefe, 1990.

KLEOBULINE VON RHODOS

griechische Philosophin und Rhetorikerin, um 570 v.u.Z.
K. war die Tochter des Kleobulos, einer der Sieben Weisen der Antike. Es ist überliefert, daß sie die Kunst des Rätsels beherrschte. Drei ihr zugeschriebene Rätselverse wurden überliefert; z.B. „Einer ist Vater und zwölf sind Kinder ihm; aber ein jedes Kind hat zweimal dreißig verschieden gestaltete Kinder. Die sind weiß an der Farbe zu schau’n, schwarz aber die andern, und unsterblichen Sein’s; doch schwinden hinunter sie alle“. Nicht die relativ einfache Entschlüsselung des Rätsels in Jahr, Monate, Tage und Nächte ist das Besondere, sondern die Einbeziehung des ‘unsterblichen Seins’, das doch entschwindet.


KOFMAN, SARAH
französische Philosophin und Schriftstellerin, *14. September 1934 in Paris, †1994 (durch Selbstmord)
K. arbeitete als Professorin am Lycée Saint-Sermin in Toulouse; 1962–70 war sie Professorin am Lycée Claude-Monet in Paris. Von 1970–88 arbeitete sie als Assistentin an der Sorbonne, unterbrochen durch verschiedene Auslandsaufenthalte und Gastprofessuren in USA, Kanada, Portugal, Niederlande und der Schweiz. Seit 1991 war K. als Professorin für Philosophie an der Sorbonne.
K.s erste Veröffentlichungen erschienen in den 60er Jahren und hatten neben Freud auch Nietzsche zum Thema. Wenn K.s Interesse an Philosophie anfangs mehr klassischen Texten zugewandt war, so sind in den 80er Jahren zunehmend feministische Fragestellungen zu finden. Sehr persönliche Züge trägt ihre Arbeit Erstickte Worte. Darin befaßt sich K. eingehend mit dem Bezug zwischen literarischer Arbeit und dem Holocaust. Angeregt wurde diese Arbeit durch das Schicksal ihres Vaters, der in Auschwitz ermordet worden ist und dem K. ihr Buch gewidmet hat.
Werk: L’enfance de l’art, une interprétation de l’esthétique freudienne, 1970; Nietzsche et la métaphore, 1972; Camera obscura: de l’idéologie, 1973; Quatre romans analytiques, 1974; Schreiben wie eine Katze: Zu E.T.A. Hoffmanns Lebensansichten des Katers Murr, 1985; Aberrations: le devenir-femme d’Auguste Comte, 1978; Nerval: Le charme de la répétition, 1979; Nietzsche et la scène philosophique, 1979; Le respect des femmes (Kant et Rousseau), 1982; L’enigme de la femme, 1983; Comment s’en sortir, 1983; Un metier impossible: Lecture de Construction en analyse, 1983; Derrida lesen, 1988; Melancholie der Kunst, 1986; The Enigma of Woman, 1985; Die lachenden Dritten: Freud und der Witz, 1990; Erstickte Worte, 1988; The Childhood of Art: An Interpretation of Freud’s Aesthetics, 1988; Socrate(s), 1989; Séductions: De Sartre à Héraclite, 1990; Explosion I: De l’Ecce Homo de Nietzsche, 1992; Explosion II: Les enfants de Nietzsche, 1993; Die Kindheit der Kunst, 1993; Le mépris des Juifs, 1994; Rue Ordener, Rue Labat: autobiographisches Fragment, 1995.

KOLLONTAI, ALEXANDRA

russische Theoretikerin und Politikerin, *1872, †9. März 1952
K. war begeisterte Schriftstellerin und Propagandistin, die sich für die Arbeiterklasse einsetzte. Dabei erkannte sie, daß ihre Partei kaum für die Emanzipation der Frau eintrat. 1915 schloß sie sich den Bolschewisten an, da ihre Einstellung zum Weltkrieg nicht mit der menschewistischen Anschauung übereinstimmte. Für einige Monate wurde sie Volkskommissarin für das soziale Wohl im ersten Kabinett Lenins. Ihre abweichenden Ansichten über den Verlauf der Revolution veranlaßten sie, sich in der oppositionellen Arbeiterpartei zu engagieren.
Als die Opposition nicht mehr agieren konnte, ging K. als Botschafterin erst nach Norwegen, dann nach Schweden und Mexiko.
Die Denkweise K.s unterscheidet sich von der des frühen sozialistischen Feminismus. Anders als dieser versucht sie vor allem, die Beziehungen zwischen der Emanzipation der Frau und dem Sozialismus aufzuzeigen. K. befürwortete die neue Frau: die alleinstehende Frau, die selbstbewußt ihre Individualität neben ihren Beziehungen zu Männern aufrechterhält. Diese Frau ist die Protagonistin einer echten moralischen und sexuellen Revolution, die die bourgeoise Ideologie auf den Kopf zu stellen beginnt. Der Kommunismus wird nach K. nur siegen, wenn es den Frauen gelingt, die Männer zu einer neuen Konzeption der Individualität und der menschlichen Beziehungen zu bewegen.

Werk: Die sozialen Grundlagen der Frauenfrage, 1909; Wer braucht den Krieg, 1915; Die neue Moral und die Arbeiterklasse, 1918; Die Situation der Frau und die Entwicklung der Ökonomie (Seminar in Leningrad), 1921; Die Arbeiteropposition, 1921; Anna Achmatowa: Rhapsodie der neuen Frau, 1923; Brief an die Arbeiterjugend: die proletarische Ideologie und die Liebe, 1923; Autobiographie einer sexuell emanzipierten Frau, 1926;


KRISTEVA, JULIA

*1940 in Bulgarien
Die Philosophin und Psychologin Julia Kristeva gehört zu den Wegbereiterinnen einer postmodernen Sprachtheorie. Auf der Grundlage der strukturalistischen Vorväter entwickelt sie einen komplexen Ansatz, der auf Sprache, Psychoanalyse und Politik gleichermaßen übertragen werden kann. Im Zentrum ihrer Theorie steht der Dualismus von symbolisch und semiotisch. Da die Philosophie eine Reihe solcher Spaltungen kennt, z.B. den Leib-Seele-Dualismus, mutet dieser Gedanke im ersten Moment traditionell an. Doch Kristeva geht es nicht so sehr darum, eine Zweiteilung zu manifestieren, sondern darum, die starre Trennung zu relativieren. Entscheidend an der Teilung von symbolisch und semiotisch ist nämlich der übergang, die Verbindung zwischen beiden. In der Sprache entsteht durch den Ausbruch des Semiotischen im Symbolischen der Sinngebungsprozeß; in der Psychoanalyse wird durch den Einfluß des Mütterlichen (Semiotischen) in die symbolische Männerwelt die ganzheitliche menschliche Entwicklung forciert und in der Politik wird der Einbuch des Fremden (Semiotisches) in das nationale Verständnis zur Revolte.

Werk: Semeiotikè, 1969; Probleme der Textstrukturation, in: Literaturwissenschaft und Linguistik II, hg.v. J. Ihwe, 1971, S. 484-507; Zu einer Semiologie der Paragramme, in: Strukturalismus als interpretatives Verfahren, hg.v. H. Gallas, 1972, S. 163-200; Bachtin, das Wort, der Dialog und der Roman, in: Literaturwissenschaft und Linguistik III, hg.v. J. Ihwe, 1972, S. 345-375; Produktivität der Frau, in: Alternative Zeitschrift für Literatur und Diskussion, 8/9, 1976, S. 166-172; Polylogue, 1977; Textsemiologie als Ideologiekritik, 1977; Die Revolution der poetischen Sprache, 1978; Le texte du roman, 1979; Kein weibliches Schreiben, in: Freibeuter 2, 1979, S. 79-84; Die Aktualität Célines, in: Literaturmagazin 10, 1979, S. 67-78; Desire in Language, 1980; Pouvoirs de l’horreur, 1980; Die Chinesin, 1982; Au commencement était l’amour, 1985; The Kristeva Reader, hg.v. T. Moi, 1986; Soleil noir, 1987; Geschichten von der Liebe, 1989; Fremde sind wir uns selbst, 1990; Lettre ouverte à Harlem Désir, 1990; Les Samourais, 1990; Le vieil homme et loups, 1991; Les nouvelles maladies de l’âme, 1993; Proust and the Sense of Time, 1993; Le temps sensible. Proust et l’expérience littéraire, 1994.  

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