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Philosophin
des Monats September Hildegard von Bingen Wisse die Wege, dieser Text, der als Anleitung für ein religiöses Leben gedacht war, begründet die mystische Lehre einer der bekanntesten deutschen Philosophinnen, Hildegard von Bingen. Ausgehend von seinem Mittelpunkt, dem Menschen, entwickelt sie darin das System der Welt in konzentrischen Kreisen, gehalten wird es von Gott. Der Mensch hat hier die sittliche Verantwortung. Er muss seine schöpferischen Fähigkeiten nutzen, um in den verschiedenen Phasen des Lebens entsprechende Prüfungen zu bestehen. Wisse die Wege ist eines von drei Visionswerke, die Hildegard verfasst. Im zweiten Text, Scivias, beschreibt sie die Welt der Menschen in 26 Visionen: Die Welt bildet ein Rad, das von Gott geschaffen wurde, er hat auch den vernunftbegabten Menschen geschaffen. In der Weltallvision verwendet Hildegard das Bild vom Weltenei, das Dotter ist die Erde, Ort des Menschen. Diese Welt steht nun dem Menschen und seinen schöpferischen Fähigkeiten zur Verfügung. Dabei ist ihr vor allem dessen sittliche Verantwortung wichtig. In der Welt durchlaufe der Mensch verschiedene Zonen der Probe, der Prüfung und Läuterung. Vollendet werde diese Phase dann mit Christus und der großen Offenbarung. Das göttliche Heil sieht Hildegard letztlich im Menschen selbst und in dessen Entscheidungsfähigkeit im historischen Kontext. Ihr zweites Visionswerk Liber vitae Meritorum (Der Mensch in der Verantwortung) entstand zwischen 1158 und 1163. Hildegard spricht darin vom Sinn des Lebenslaufes, von den Entscheidungen des Menschen auf seinem Weg und von seiner weltweiten Verantwortung. Sie gibt ihre ethische Lebensanschauung wieder und liefert ein anthropologisch fundiertes Bild von der Welt und dem Menschen. Hildegard entwickelt eine Ethik, die nicht nur auf passive Tugenden wie Treue, Demut oder Gehorsam ausgerichtet ist, sondern spricht von bewusster Verantwortung, die jede Person übernehmen müsse und das nicht nur im privaten Leben, sondern auch für die Mitmenschen, die Umwelt und das Universum. Im Mittelpunkt der Verantwortung steht Vir, der Mann/ Mensch, der sich in jedem der sechs Akte des Textes dreht, in eine Himmelsrichtung schaut, und letztlich ins All blickt. Dieser Mensch ist Gott. Bei seinem Rundblick sieht er verschiedene Laster und menschliche Verfehlungen, die ausführlich beschrieben sind. Ihnen antworten die Tugenden, eine allegorische Figur gibt Erklärungen. Es entwickelt sich ein Dialog zwischen Lastern, Tugenden und möglichen Bußmitteln, die im letzten Buch in eine Beschreibung der Verdammnis und der ewigen Seligkeit münden.
Hildegard, deren Todestag sich am 17. September zum 845. mal jährt, gehört zu den außergewöhnlichsten Frauen der Kirchengeschichte. Sie reiste viel, was Nonnen damals zunehmend untersagt wurde. Sie hatte Visionen, was häufig als Ketzerei interpretiert wurde und sie entwickelte ihre eigene philosophische Weltsicht, was für eine Frau dieser Zeit sehr ungewöhnlich war. |
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